Das Interview mit dem CEO der Stamm AG zeigt auf, dass die Bereitschaft zu bauen in unserer Region nicht fehlt, doch Regulationen dämmen die Nachfrage und Möglichkeit in der Baubranche.
Herr Elias, in Basel gibt es ein Mangel an Wohnungen. Warum schafft die Stamm AG nicht rasch Abhilfe und baut neue Wohnhäuser?
Wir können morgen neue Wohnungen bauen oder bestehenden Wohnraum modernisieren. Die Stamm AG führt zwölf Handwerksbetriebe, die als eingespieltes Team Wohnraum realisieren. Um loslegen zu können, braucht es aber bewilligte Projekte. Die Zeit der Planung bis zur Rechtskraft der Baubewilligung wird jedoch immer länger. Neue Anforderungen und Regulatorien machen die Projekte komplexer. Dies führt zu Verzögerungen und einem Anstieg der Baukosten.
Sie möchten also bauen, und können nicht?
Genau. Für die Baubranche ist die aktuelle Situation mit dem Wohnschutzgesetz ein grosses Problem. Ich denke aber nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Familienmensch. Wenn wir heute keinen neuen Wohnraum erstellen, leiden die kommenden Generationen. Der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum steigt laufend. Eine wachsende Nachfrage und ein gleichbleibendes Angebot führen zu einer Verknappung und Preissteigerung. Nur wenn wir mehr Wohnraum erstellen können, werden die Mietzinse sinken.
Wo sehen Sie derzeit den grössten Handlungsbedarf?
Heute – anders als noch vor zwei Jahren, als wir mit einer massiven Teuerung zu kämpfen hatten – wenden sich viele Investoren von Basel ab. Dies einerseits, weil die regulatorischen Rahmenbedingungen den ökonomisch tragbaren Wohnungsbau verunmöglichen. Andererseits aufgrund der langen Planungs- und Bewilligungsprozesse. Es ist heute üblich, dass zwischen dem Planungs- und Baustart drei bis fünf Jahre verstreichen. Ein Projekt, das heute lanciert wird, schafft in fünf bis sieben Jahren neuen Wohnraum. Es dauert also acht bis zwölf Jahre, um ein Projekt zu realisieren. Das ist in meinen Augen eine untragbar lange Zeit, die mit schlankeren Prozessen deutlich verkürzt werden könnte.
Welche Herausforderungen kommen in den nächsten Jahren auf uns zu?
Der wachsende Bedarf an Wohnraum wird nicht kleiner. Immer mehr Menschen suchen in der Schweiz ihr neues Zuhause. Diesen müssen wir Wohnungen zur Verfügung stellen können. Zudem verfolgt die Schweiz – und Basel-Stadt noch ambitionierter – hohe Ziele, um den CO2 Ausstoss zu senken. Wenn wir die bestehenden Häuser nicht sanieren oder durch Neubauten ersetzen, erreichen wir diese Ziele nicht.
Investiert die Stamm AG selbst in den Wohnungsbau?
Dass wir selbst in Immobilien investieren, liegt auf der Hand. Wir sichern die Renten unserer Mitarbeitenden mit unserer eigenen Pensionskasse, indem wir auch in Immobilien investieren. Wir haben in den letzten Jahren in der Region einige Gebäude erwerben oder realisieren können. Diese befinden sich alle – ein bewusster Entscheid – ausserhalb des Kantons Basel-Stadt.
Sie sehen also einen Unterschied zwischen Basel-Stadt und den umliegenden Kantonen?
Ja. In der Region entsteht immer noch neuer Wohnraum. Besonders im Fricktal. Wir sind froh, dass wir als Unternehmen in anderen Kantonen bauen können. Ich sehe aber auch, welche Konsequenzen die wachsende Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz haben. Überfüllte Züge und lange Staus verschlechtern unsere Lebensqualität.
Sehen Sie Möglichkeiten, diesen Abwärtstrend zu stoppen?
Ich wäre nicht Unternehmer, wenn ich nur Probleme und keine Lösungen sähe. Übergeordnet müssen raumplanerische Strukturen geschaffen werden, welche eine flexiblere Nutzung der Bauzonen zulassen. Einerseits ist es unsinnig, Bürogebäude oder Industriebrachen über viele Jahre leer stehen zu lassen, während Wohnungen so dringend benötigt würden. Andererseits müssen wir auch bereit sein, die Wirksamkeit von Regulatorien und Anwendung von Normen zu hinterfragen und miteinander zu diskutieren, um für alle vertretbare Lösungen zu finden. Diese Bereitschaft fehlt mir insbesondere beim Mieterverband derzeit vollständig.
Es stimmt mich optimistisch, wenn ich sehe, dass seit 2024, eine gut vernetzte und aktive Gruppe aus Politik, Wirtschaft und Verbänden entstanden ist, die sich einsetzt, dass in Basel wieder Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Erstellung von neuem Wohnraum ermöglichen.
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